IHK- und GVO-Podiumsdiskussion mit Oberbürgermeister Jürgen Roth zeigt viele Ideen des neuen Stadtchefs und die Bedürfnisse in der Wirtschaft – Konstruktive Debatte und Zuversicht
Villingen-Schwenningen – Eine erste Bilanz aus dem Blickwinkel der Wirtschaft nach 129 Tagen OB Jürgen Roth, das war das erklärte Ziel der Podiumsdiskussion, die von der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg und dem GVO am vergangenen Donnerstagabend, 9. Mai, in der IHK-Hauptstelle in Villingen ausgerichtet wurde: Vor vollem Haus bezog Villingen-Schwenningens neuer Oberbürgermeister Position zu Fragen und Herausforderungen seines neuen Amts. Dabei schien neben vielen konkreten Aussagen auch die Hoffnung auf, dass mit Roth auch eine neue Kultur der Kommunikation und der Kooperation in die Stadt eingezogen ist.
Eigentlich hatte GVO-Präsident Gerd Waldmann in seiner Begrüßung davon gesprochen, dass Roth sich in der Runde wohl auf einen „roast“, einem Rösten auf kleiner oder großer Flamme gefasst machen sollte. Und auch IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Albiez freute sich auf lebhaften Austausch, zumal dieser direkte Diskurs von Oberbürgermeister und Wirtschaft nicht der letzte sein sollte, wie Albiez fand. Doch der neue OB legte in seiner Replik gleich einmal vor und definierte seine ersten Monate im Amt als echten Neuanfang: Viele Gespräche seien bereits absolviert, sein Kalender bis September gefüllt, und sowohl die Gespräche mit Unternehmern als auch mit den Mitarbeitern seien in erster Linie dazu gedacht, um Abläufe zu verstehen und Probleme kennen zu lernen – innerhalb wie außerhalb der Stadtverwaltung. „Ich sehe die Frage ‚Was können wir für Sie tun?‘ als den Kernsatz an, der die Arbeit der Stadt unter seiner Regie prägen soll.
Erkannte dringende Arbeitsfelder seien das Wohnen, die Kinderbetreuung, die Stärkung der seit Jahrzehnten vernachlässigten Infrastruktur und ihrer zügigen Verbesserung oder der Kontakt zu den Hochschulen als wichtige Elemente auch für die Wirtschaft – denn nur mit intakten Strukturen wie diesen sei VS ein attraktiver Standort. „VS ist Bundesliga, wir haben hier ein tolles Potenzial, das muss zur Marke werden.“ Dazu zähle für ihn auch die Wiederbelebung der „totberuhigten Zentren“, wobei er auch auf die Mitwirkung des GVO setze – VS sei keine One-Man-Show, wie er betonte. Gemeinsam mit der IHK und dem GVO habe VS eine gute Chance, die „Wow-Stadt“ zu werden.
Für Moderator Gerhard Vetter (früherer Pressereferent der Sparkasse Schwarzwald-Baar), Thomas Albiez und Joachim Müller als Vertreter des GVO auf dem Podium ging es dann darum, zentrale Fragen zu den Aufgaben zu diskutieren, die auf dem Weg zu dieser „Wow-Stadt VS“ zu bewältigen sind: In einer Vorab-Umfrage hatte die IHK bei den rund 140 Besuchern des Abends sowohl die Wichtigkeit diverser Themen abgefragt als auch die Einschätzung, wie weit man mit ihrer Realisierung ist. Schnell wurde deutlich, dass für OB Roth pragmatische Lösungen mit Köpfchen das Ziel sind – sei es bei der Verbesserung der Breitbandanbindung, bei der er finanziell auf 90 Prozent Zuschuss durch den Bund setzt, als auch beim zügigen Verbessern des Straßennetzes. Hier setzt Roth auf die Technik der Dünnschichtasphaltierung, mit der bereits in diesen Tagen rund 26.000 Quadratmeter betagten Belags in der Doppelstadt erneuert werden sollen – und das in kürzester Zeit. Auf den Hinweis von Joachim Müller, das nicht nur der Straßenbelag, sondern auch die Stauzeiten zu einem wachsenden Problem geworden seien, stellte Roth die Umstellung der Verkehrssteuerung auf intelligentere Systeme in Aussicht, die Verkehrsflüsse besser leiten sollen.
Einen Beitrag der Stadt für die Gewinnung von Fachkräften sieht Roth in der Schaffung von Wohnraum, aber auch in der Steigerung der Attraktivität der beiden großen Stadtbezirke: „Der Partner entscheidet inzwischen, ob man irgendwo hinzieht“, so Roth. Die Berücksichtigung kleinerer Unternehmen bei der Planung von Gewerbegebieten und der Vergabe von Bauflächen sicherte Roth ebenso zu wie ein Umdenken in der Art und Weise, wie mit Antragstellern kommuniziert werde. Der Geist der Kundenorientierung sei im Einzug begriffen, so Roth, allerdings sei auch nicht jeder Wunsch erfüllbar.
Unterm Strich zeigte sich, dass weder Joachim Müller als GVO-Vertreter noch Thomas Albiez als „Mann am Grill“ von der IHK dem neuen Oberbürgermeister so recht einheizen wollten. Die Schweißperlen treibt sich der neue Regisseur der Stadt offenbar schon selbst reichlich auf die Stirn, nicht zuletzt durch seine intensive Kommunikation mit allen denkbaren Beteiligten in unterschiedlichsten Belangen. Insofern begnügten sich Müller und Albiez weitgehend damit, die von Roth eingeschlagenen Wege mit eigenen Akzenten zu ergänzen und ansonsten mehr oder minder einhellig festzustellen, dass seit dem Wechsel an der Rathausspitze eine neue, ungewohnte Kultur des Dialogs in der Stadt zu spüren sei, wie es Müller auf den Punkt brachte.