Corona-Lage in der VS-Wirtschaft: ruhiger, aber weiter angespannt
Gewerbeverband Oberzentrum e.V. stellt neue Umfrage-Ergebnisse vor: Mitglieder sprechen von spürbaren, aber nur manchmal existenziellen Folgen – Weiterhin Arbeitsplätze gefährdet. Von „deutlich spürbar“ bis „schwerwiegend“ sehen die Unternehmen die aktuell bilanzierbaren Folgen der Corona-Pandemie: Mit einer erneuten Umfrage unter seinen Mitgliedern erhob der Gewerbeverband Ober-zentrum e. V. (GVO) die Stimmung in der Wirtschaft. Das Bild unter den 93 teil-nehmenden Unternehmen wies dabei teilweise deutliche Unterschiede zur ersten GVO-Umfrage Ende April auf.
So hatten bei der ersten Mitgliederbefragung noch über 54 Prozent der Teilnehmer große oder sehr große Probleme durch die Pandemie erwartet. Bei der neuerlichen Befragung reduzierte sich die Einstufung der entstandenen Probleme eher zu einer gemäßigteren Aussage. Als „existenziell“ oder „schwerwiegend“ stuften
nur noch 17,8 Prozent die Probleme durch Corona für das eigene Unternehmen ein, gut 53 Prozent sprechen
nur noch von „spürbaren“ oder „deutlich spürbaren“ Problemen.
Seit der ersten Befragung haben deutlich mehr Unternehmen in der Doppelstadt auch entsprechende Maßnahmen oder Hilfen genutzt: So wuchs der Anteil der Unternehmen, die Kurzarbeit als Maßnahme genutzt haben um fast 30 Prozent auf 54,3 Prozent der Antwortenden (April: 25 Prozent). Soforthilfen für Unter-nehmen beantragten inzwischen 32,9 Prozent (April: 17 Prozent), die auch zügig ausbezahlt worden sind – zwölf Prozent mussten diese allerdings teilweise oder ganz wieder zurückbezahlen. Die KfW-Hilfskredite blieben für deutlich weniger Unternehmen eine sinnvolle Maßnahme: Nur 20 Prozent (April: 16,3 Prozent) entschieden sich hierfür. Probleme bei der Antragstellung erlebten dabei 16,7 Prozent (April: 23,5 Prozent), die Auszahlung der Kredite dauerte ab Antragstellung meist zwischen zwei und sechs, in Extremfällen bis zu zwölf Wochen, so die Angaben der Antwortenden.
Auf digitale Kommunikation als Ersatz für Meetings und Kundenbesuche setzten in den vergangenen Monaten mit 58,6 Prozent der Antwortenden deutlich mehr Unternehmen (April: 10 Prozent), ebenso war das Aufteilen der Belegschaft in räumlich getrennte Teams bzw. Homeoffice mit 48,6 Prozent ein probates Mittel, um mit den Risiken einer Ansteckung umzugehen. Auf breite Akzeptanz stießen zudem die gesetzlichen Vorschriften, die von 78,6 Prozent der Unternehmen aktiv umgesetzt wurden, um Belegschaft und Kunden zu schützen (April: 12 Prozent).
Die im Frühjahr etablierten oder forcierten Liefer- und Abholdienste in Gastronomie und Handel scheinen sich zudem gerade in Corona-Zeiten zu bewähren. Während aus Gastronomiekreisen in der aktuellen Befragung zu wenige Antworten eingegangen sind, sprechen die Antworten aus dem Handel eine deutliche Sprache: So meldeten die Antwortenden eine häufige Nutzung von Lieferservices durch Kunden von 52,6 Prozent,
26,3 Prozent griffen demnach zumindest ab und zu nach dieser Dienstleistung. Ähnlich positiv sind die Erfahrungen von Händlern mit Abholdienstleistungen: Vorbestellte Waren holen sich Kunden bei 44,4 Prozent der antwortenden Händler häufig und bei 27,8 Prozent ab und zu ab. Auch Gutscheine werden bei 63,2 Prozent der Händler häufig und bei 31,6 Prozent zumindest ab und zu gekauft.
Aktuell arbeiten etliche der antwortenden Unternehmen noch unter Corona-Bedingungen bzw. mit deren Folgen: so führen 28,4 Prozent ihre Belegschaft nach wie vor in separaten Teams, 37,3 Prozent setzen weiter auf eingeschränkten Publikumsverkehr und 20,9 Prozent der antwortenden Unternehmen haben noch Kurzarbeit.
Solche Maßnahmen werden nach den aktuellen Erwartungen etlicher Betriebe auch noch eine Weile Gültigkeit haben oder wieder aktuell werden. So planen derzeit 15 der an der Umfrage teilnehmenden Betriebe, Kurzarbeit einzuführen, fünf denken über Entlassungen nach und zwei planen sogar die Schließung. Diese Maßnahmen könnten ab November konkret werden, so die Aussage der betroffenen Unternehmen.
Zum Krisenmanagement der Stadt Villingen-Schwenningen sowie des Landes Baden-Württemberg ließ der GVO in seiner Umfrage seine Mitglieder ebenfalls zu Wort kommen: Der Stadt bescheinigten 60,3 Prozent ein gutes, 3,2 Prozent sogar ein optimales Krisenmanagement. Nur 25,4 Prozent waren hier mäßig und 9,5 Prozent gar nicht zufrieden. Dem Land stellten die GVO-Mitglieder, die an der Umfrage teilgenommen haben, noch etwas bessere Noten aus. So fanden 71,4 Prozent das Krisenmanagement des Landes gut, 1,6 Prozent sogar optimal. 20,6 Prozent waren nur mäßig angetan, nur 6,3 Prozent fanden das Krisenmanagement des Landes schlecht.
„Die neuen Daten zeigen, auch im Abgleich zu unserer ersten Befragung, dass die Krise voll in den Unternehmen angekommen ist“, so das Fazit von GVO-Präsident Joachim Müller: „Die GVO-Mitglieder haben zum großen Teil reagiert und offenbar das Schlimmste weitgehend verhindert. Die Lage bleibt aber angespannt, wie wir an den Aussichten Einzelner sehen: Offenkundig sind Existenzen konkret bedroht“, so Müller weiter. „Dass Eigeninitiative helfen kann, das sieht man an den positiven Erfahrungswerten der Händler in Sachen Liefer- und Abholdiensten. Das funktioniert aber nur für ein kleines Segment aus den Reihen der GVO-Mitglieder: Bei anderen sind die Reserven jetzt aufgebraucht. Hier muss bald etwas passieren, sonst sehen wir im Winter weitaus drastischere Folgen als nur Kurzarbeit.“